Der Natur auf der Spur – Grünstreifen
Eine häufig anzutreffende Vegetationsform ist der Grünstreifen. Seltsamerweise nimmt man den Grünstreifen meist während Rotphasen wahr.
Bild und Text: Dieter Motzel
Einerseits, andererseits und beiderseits
Einerseits konnte Frau Weber nicht mit der Anwesenheit einer Welle rechnen
Andererseits brachte ihr die Welle ein verloren geglaubtes Huhn zurück, das schon auf halbem Wege nach Übersee war
Beiderseits war die Freude beim Wiedersehen groß, und Frau Weber winkte der Welle zum Abschied voller Dankbarkeit.
Text und alle Abbildungen: Dieter Motzel
Regenwand
Jederzeit bin ich bereit, schnell und flexibel meine Positionen zu wechseln. War vor einigen Wochen noch die anhaltende Trockenheit ein Thema, das mit Schimpf und Schande begleitet wurde, so ist es nun die anhaltende Feuchtigkeit, die nicht meinen Vorstellungen von Wetter entspricht. Man kann mir sicherlich vorwerfen, dass ich hier sehr wählerisch bin, zumal die Situation schwer zu beeinflussen ist, aber so ist es nun mal. Erst gestern hat sich das Wetter mir gegenüber sehr unfreundlich verhalten, ohne dass es dafür einen dringenden Grund gab. Eine Regenwand raste auf mich zu und durchnässte mich beim Aufprall vollkommen. Ich sah sie eigentlich schon von weitem auf mich zu kommen, dachte aber, dass sie rechtzeitig abbiegen würde. Da sie nicht daran dachte auszuweichen, versuchte ich es, in dem ich in eine langgezogene Rechtskurve einschwenkte. Die Regenwand parierte meinen Richtungswechsel mit einer leichten Linksbewegung. Im letzten Moment versuchte ich noch mit einer Rückwärtsbewegung zu kontern, aber es war schon zu spät. Die Regenwand hatte ihre Fangarme wie Perlenschnüre nach mir ausgeworfen. Es war ein dramatischer Moment. Unbarmherzig griff die Wand nach mir und peitschte mit ihren nassen Bindfäden auf mich ein. Panisch und wild gestikulierend versuchte ich einen Landwirt, der gerade sein Kartoffelfeld aberntete, auf meine verzweifelte Situation aufmerksam zu machen. Der Kerl reagierte einfach nicht. Ach, diese Bauern, immer mit irgendetwas ganz dringend beschäftigt. Kein Wunder, dass die im Fernsehen nach ihren Frauen suchen müssen.
Alle Abbildungen und Text: Dieter Motzel
Wie interessant doch die Welt ist. Auch wenn man sie nur durch das Schlüsselloch besieht, wie Amalie Rettich.
Skandalös dagegen ihr neuer Untermieter, der ihr und der Welt längst den Rücken gekehrt hatte.
Abbildungen und Text: Dieter Motzel
Der 7. Sinn
Wir hatten ein ehemaliges Bauernhaus, inzwischen mit zwei großzügigen Ferienwohnungen versehen, als Unterkunft auserkoren. Freilaufende Hühner inklusive. Der alte Hahn wusste was sich gehört und begann erst ab 8 Uhr am Morgen zu krähen. Das war sehr hilfreich. Die Hennen machten das, was Hennen immer so tun. Scharren, Picken, Eier legen und uns in der Küche besuchen, die meist eine offene Tür zum Garten hatte. Außerdem hatten die Hühner eine Verabredung getroffen: sie versammelten sich immer, wenn wir in unser Auto einstiegen, in der Hofeinfahrt, um sie zu blockieren.
„Fahr einfach zurück, die laufen dann schon zur Seite.“
Taten sie nicht, und wenn sie erst mal unter dem Wagen sind, so unsere Erfahrung, laufen sie überhaupt nicht mehr. Also, immer schön aufpassen, im Herbst kommt es vermehrt zu Wildunfällen.
Hasen reagieren, wenn sie im Straßenverkehr aufgeschreckt werden, mitunter recht kopflos!
Obacht, auch bei Dunkelheit benutzt das Wildschwein keine Positionsleuchten!
Ein Ochsen-Dummie verdeutlicht auf erschreckende Weise, zu welchen Verformungen es durch Unfälle kommen kann.
Text und alle Abbildungen: Dieter Motzel
Gut zu wissen, wo man sich befindet
Obwohl doch viele Wege nach Rom führen, kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass Mittelfürkelt nicht zu diesen Wegen gehört.
Wer nach Rom möchte, muss nach Unterfürkelt und dann an der Vorfahrtstraße links ab.
Text und Abbildungen: Dieter Motzel
Heinrich
Nachdem Heinrich einige seiner Buchstaben verlegt hatte, veränderte er sich immer mehr. Er wird nicht mehr der Alte werden.
Sicher denken nun Einige, dass dies Beinlich wäre. Aber man muss Fehler auch verzeihen können.
Text und Abbildungen: Dieter Motzel.
Nachricht aus dem (historischen) Sommerloch
Als aufgeklärte Menschen wissen wir heute natürlich, dass Legenden niemals sterben, und schon gar nicht aus dem Hinterhalt erschossen werden können.
Und tatsächlich gelang es auch Billy the Kid auf einem teuflisch harten Ritt, seinem Widersacher Pat Garrett, zu entkommen. Seine Flucht führte Billy the Kid quer durch New Mexico und Arizona, bis hinein in die Einöde Nevadas, wo ihn in der schwärzesten aller schwarzen Nächte ein unglaubliches Schicksal ereilte.
Kaum hatte Billy the Kid die Einöden Nevadas erreicht, wurde er von zwei Sommerlöchern verfolgt, die in der Nacht zum 14. Juli 1881 zum Angriff übergingen. Geschützt durch die schwärzeste aller schwarzen Nächte, überholte ein Sommerloch Billy the Kid und stellte sich ihm in den Weg. Obwohl das Pferd von Billy the Kid noch zum Sprung über das plötzlich aus dem Nichts auftauchende Hindernis ansetzte, verschluckte das Loch Ross und Reiter.
War damit das Schicksal von Billy the Kid besiegelt?
Aber einige Tage später entstieg Elvis jenem Sommerloch, das noch immer satt in der Einöde Nevadas herumlag. Elvis sang „Viva Las Vegas“ und gründete Jahre später genau an dieser Stelle eine Stadt namens Las Vegas. Einige Sommerlöcher wurden auch dort sesshaft, und arbeiteten redlich als Löcher im Geldbeutel der Besucher.
Text und alle Abbildungen: Dieter Motzel. Sommer 2013.
Neuerwerbungen der Sammlung Zuller hängen nach einer Handreinigung zum Trocknen auf einer Wäscheleine.
Nachricht aus dem Sommerloch
Lomershausen
Werner Zuller begrüßt uns mit einem offenen Blick und einem freundlichen Lächeln. Wir sind an diesem heißen Vormittag mit dem sympathischen Mittsechziger verabredet. Die angebotene Tasse Kaffee in seiner angenehm temperierten Wohnung nehmen wir gerne an und beginnen unser Gespräch mit der ein wenig provokanten Frage: „Die Tassen sind doch sicher handgespült, lieber Herr Zuller?“ Die Antwort überrascht uns. „Nein, nein, nach dem Tod meiner Frau habe ich mir eine neue Spülmaschine angeschafft.“ Vor vielen Jahren entdeckte Werner Zuller seine Leidenschaft für die Kulturgeschichte des Spüllappens. Mittlerweile ist der einstige Betonstanzer in Frührente und kann sich nun ganz seiner Passion widmen. Innerhalb weniger Jahre hat Werner Zuller die weltweit größte und spektakulärste Sammlung von Spüllappen aufgebaut. Er ist Vorsitzender der „Deutschen Spüllappen-Bruderschaft“ mit derzeit ca. 6000 Mitgliedern, und er steht im regen Austausch mit Sammlern aus aller Welt. Eine Kleinanzeige in einem regionalen Anzeigenblatt machte uns auf Werner Zuller aufmerksam: „Suche Sponsoren für einen Museumsneubau in Olderstedt und außerdem gut erhaltene gebrauche Spüllappen, gerne auch historisch vor 1900.“ Der Kontakt war schnell hergestellt und nun wollen wir auch wissen, wie es um das Museumsprojekt, den großen Traum von Werner Zuller, bestellt ist. Zuller: „Mein großer Traum lebt noch immer und ich bin guter Dinge, das Museum für angewandten Abwasch Ende 2016 eröffnen zu können.“ Das wäre wirklich sehr zu wünschen, denn die ausgezeichnete Spüllappen-Sammlung kann natürlich in der Wohnung Werner Zullers nicht die Geltung erhalten, die sie sicherlich verdient. Die Vitrinen sind überfüllt, wunderbare Spüllappen aus aller Welt liegen in Stapeln bis unter den Sofatisch. Einige historisch wertvolle Spüllappen hängen in Bilderrahmen an den Wänden, sicher eine würdige Form der Präsentation. Das für uns eindrucksvollste Stück der Sammlung ist der Spüllappen, der 1294 im Gepäck von Marco Polo den Weg von China nach Europa fand. Dieses außergewöhnlich gut erhaltene Exemplar trägt an seiner unteren rechten Ecke noch den blauen Stempel: „Made in China“. Authentischer geht es kaum. Haushundhirsch dankt Werner Zuller, der uns auf seine unnachahmliche Art und mit viel Geduld die Kulturgeschichte des Spüllappens näher brachte!
Text und Abbildung: Dieter Motzel. Sommer 2013
Typisches Beispiel einer kreisrunden Beton-Stanzung. Foto mit freundlicher Genehmigung: Archiv Gebr. Huber Betonstanzerei.
Nachricht aus dem Sommerloch
Zu den weltweit führenden Unternehmen im Bereich des Beton-Stanzens gehört die Gebr. Huber Betonstanzerei GmbH. Neben dem Tagesgeschäft, dem Ausstanzen von Fenster- und Türöffnungen aus Betonfassaden, hat sich das Unternehmen mit seinen kreisrunden Loch-Stanzungen einen Namen als Spezialist in der Branche erarbeitet. Durch die freundliche Vermittlung von Herrn Zuller, dem Spüllappen-Sammler, kam ein Kontakt zustande, und wir von Haushundhirsch hatten die Gelegenheit mit Bastl Löher, einem Vorarbeiter der Gebr. Huber Betonstanzerei, ein Gespräch zu führen.
Haushundhirsch: „Wir stehen hier vor einem mehrstöckigen Geschäftshaus, Herr Löher, das auf den ersten Blick keinerlei Auffälligkeiten zeigt, die diesen Bau von anderen unterscheidet. Was ist das Besondere an diesem Bau, Herr Löher, den sie uns als typische Arbeit im Bereich des kreisrunden Loch-Stanzens beschrieben haben?“
Herr Löher: „Wenn Sie nach oben schauen, werden sie schnell den spitzen Vorsprung bemerken, der einen kleinen Außenbereich überdacht. Eigentlich nur ein kleine architektonische Spitzfindigkeit und Spielerei, die keinen praktischen Nutzen hat. Aber natürlich ist es auch eine sehr schöne handwerkliche Arbeit, die mit hochverdichtetem Beton ausgeführt wurde. Vor einigen Jahren wurden wir nun vom Besitzer dieses Geschäftshauses beauftragt, in diese hervorspringende Spitze ein Loch zu stanzen. Er wollte mit einem anspruchsvollen Loch im Dach verhindern, dass die Mitarbeiter weiterhin ihre Rauchpausen in einem geschützten Außenbereich der Etage verbringen.“
Haushundhirsch: „Man könnte also sagen, dass auch im betriebswirtschaftlichen Bereich das regendurchlässige Loch eine immer größere Rolle spielt.“
Herr Löher: „Das ist Richtig! Grundsätzlich kann man sagen, dass das Loch eine feste betriebswirtschaftliche Größe ist. Löcher sind heute gerade bei Baumaßnahmen eine fest einkalkulierte Kostenersparnis. Ein Bau ohne Löcher wäre überhaupt nicht mehr zu finanzieren.“
Haushundhirsch: „Offensichtlich haben Löcher Konjunktur. Weshalb gerät dann aber der klassische Beruf des Beton-Stanzers immer mehr in Vergessenheit, Herr Löher?“
Herr Löher: „In den letzten Jahrzehnten hat sich die Situation in der Bauwirtschaft für uns Beton-Stanzer dramatisch verschlechtert. Früher wurde noch viel mehr „massiv“ gebaut. Das heißt, dass eine Fassade komplett betoniert wurde und dann der Beton-Stanzer sämtliche Löcher und Öffnungen manuell ausstanzte. Mittlerweile werden die Fassaden schon mit Löchern vorgefertigt. Wir kommen nur noch zum Einsatz bei Spezialanfertigungen oder, ganz typisch, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Momentan arbeiten wir an einem Hochhaus in Frankfurt. In der 17. Etage wurden durch einen Fehler der Bauleitung sämtliche Öffnungen in der Außenfassade vergessen. Wir sind mit fünf Mitarbeitern vor Ort und stanzen nachträglich die Fensterlöcher aus. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass ein Loch durchaus auch zu einem zusätzlichen Kostenfaktor werden kann, wenn man es versäumt, rechtzeitig notwendige Löcher einzuplanen.“
Haushundhirsch: „Wie viele Berufe, die einfach aus der Zeit fallen, kann der Beton-Stanzer auch auf eine jahrhundertelange handwerkliche Tradition zurückblicken. Halten sie es für möglich, Herr Löher, dass wir schon in wenigen Jahren keine Beton-Stanzer mehr bei ihrer harten Arbeit beobachten können?“
Herr Löher: „Vielleicht ist meine Vorstellung ein wenig naiv, aber ich bin fest davon überzeugt, dass das Loch auch in der Zukunft noch eine große wirtschaftliche Rolle spielen wird. Die Arbeit des Beton-Stanzers wird sicher auch weiterhin gebraucht werden, da bin ich sehr zuversichtlich.“
Nach unserem Gespräch mit Herrn Löher hatten wir die Gelegenheit, uns das liebevoll gepflegte Archiv der Firma anzuschauen. Ein wirklich lohnender Ausflug in die Vergangenheit. Ein verkleinertes Modell des römischen Pantheons steht in den Räumen des Archivs im Mittelpunkt. Zeigt es doch die erste historisch dokumentierte und eine bis heute erhaltene Arbeit eines Beton-Stanzers. Am Scheitelpunkt der mächtigen Kuppel, die aus „römischem Beton“ gefertigt wurde, der sich durch eine außergewöhnliche Druckfestigkeit auszeichnet, befindet sich eine kreisrunde Öffnung mit einem Durchmesser von 9 Metern. Noch immer ein herausragendes Beispiel zeitloser Beton-Stanzung.
Wir drücken die Daumen und hoffen, dass die Gebr. Huber Betonstanzerei mit ihren Mitarbeitern auch in Zukunft ein gesichertes Auskommen haben wird.
Text und Abbildung: Dieter Motzel. Sommer 2013
Ein tierischer Bewohner sammelt die letzten Sommergerüche vom Waldboden auf.
Nachricht aus dem Sommerloch
Jägersburger Wald
Auf der Suche nach dem letzten Sommerloch.
Nietzke berichtete uns, dass die ersten Blätter fallen. Mit Blick auf den Zeitungsstapel, den wir in der Küche errichtet haben, können wir diesen Eindruck bestätigen. Dieser Stapel, der sich während der Sommermonate wacker aufrecht hielt, ist in eine bedrohliche Seitenlage geraten, und es ist zu vermuten, dass hier sehr bald die ersten Blätter fallen werden. Der Herbst steht vor der Tür.
Gestern zwangen uns widrige Umstände, unsere Füße in jene gefährlichen und verwahrlosten Randbezirke der zivilisierten Welt zu setzten, die man gemeinhin als Natur bezeichnet. Wir wollten die Gelegenheit nutzen, um uns ein genaues Bild von den momentanen Zuständen vor Ort zu machen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass es die Sicherheitslage zulässt. Die Natur ist unberechenbar!
Ein Fußgänger, dem wir unterwegs begegneten, machte uns schnell deutlich, dass wir in unserem Leichtsinn einen wichtigen Ausrüstungsgegenstand nicht dabei hatten: Den Fahrradhelm. Jener Fußgänger, den wir im Unterholz trafen, war ausgezeichnet gerüstet, und trug einen weißen Fahrradhelm auf dem abgesicherten Haupt. Ihm konnte ein plötzlich einsetzender herbstlicher Blätterfall nichts anhaben, oder schlimmer, ein Astbruch, ausgelöst durch starken Herbstwind, sollte so auch kein Problem darstellen. Immerhin fassten wir den Vorsatz, in Zukunft nie mehr ohne Fahrradhelm aus dem Haus zu gehen, jedenfalls nicht, wenn der Herbst vor der Tür steht. Sicherheit geht immer vor!
Unser Besuch galt einem mittleren Waldstück, bewachsen mit überwiegend kleinen bis mittleren Bäumen. Der Rest war auch mittel. Der Wald hielt sich im Großen und Ganzen noch sommerlich, war allerdings an vielen grünen Stellen schon angestaubt, was als untrügliches Zeichen gewertet werden kann, dass der Sommer langsam aber sicher weiterziehen wird. Die Luft war bereits durchflochten von einem intensiven Herbstgeruch. An einigen geschützten Stellen konnten wir noch ein übertriebenes Maß an Wachstum feststellen. So war ein Rastplatz, den wir nach einer viertelstündigen Wanderung aufsuchten, vom Sommer gänzlich überwachsen worden. Einiges deutete auf ein Drama hin. Wanderer waren von diesem rasanten Wachstum so plötzlich überrascht worden, dass ihnen noch nicht einmal die Zeit geblieben war, ihre Habseligkeiten einzupacken und mitzunehmen. Der Frage, ob vielleicht auch die Wanderer selbst Opfer dieses Wachstum geworden sind, gingen wir nicht nach, ahnten aber nicht Gutes.
Nicht weit von dieser Stelle, wies ein Gedenkkreuz auf weitere dramatische Umstände hin. Im Jahre 1613 ist dort Wendel Dantmann tot umgefallen. Die näheren Umstände sind ungeklärt geblieben, und wir vermuteten sogleich, dass er in ein übles Sommerloch geraten ist. Das wäre natürlich hochinteressant, denn bisher sind keine gesicherten Berichte über Sommerlöcher aus dieser Zeit aufgetaucht.
Aber es war schon ein wundersamer Ort, an dem blühende Dahlien aus einem Stein wuchsen.
Schon bei anderen Gelegenheiten bemerkten wir, dass es nicht leicht ist, mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Das scheue Reh ist sprichwörtlich. Letztlich konnten wir doch noch eine kleine Ameisenfamilie dabei beobachten, wie sie fleißig einen riesigen Vorrat an Brennmaterial zu einem Berg aufschichtete. Wird der kommende Winter sehr hart und lange werden? Die Ameisen gaben uns einen Hinweis darauf, man muss ihn nur zu deuten wissen.
Text und alle Abbildungen: Dieter Motzel. Sommer 2013.
Zeichnung: Dieter Motzel.
Große Dramen am Rande der mit der S-Bahn erreichbaren Welt.
„Ach, gnädige Frau, schaut nur her, in diesem kleinen Hut befindet sich mein ganzes Hab und Gut.“
„Liebwerter Herr Professor, ich werde eurer Not als möblierter Herr gewahr. Mit jedem Blick in euer Angesicht. Wie gerne würde ich euren Hut vergrößern, aber gerade erst sagte mein Gatte am Mittagstisch: Ein freier Geist braucht keinen großen Deckel!“
Zeichnung: Dieter Motzel.
Licht
Es war ein Versehen, zu unbekannter Jahreszahl, als einem der Götter das Licht zu Boden plumpste. Für eine kurze Zeit vertrieb es die Dunkelheit aus der Niederung. Ein Anblick des Schreckens offenbarte sich und ließ alles Leben erstarren. Mensch, Erna, hol doch mal den Staubsauger, das is ne schöne Scheiße hier unten.
Zeichnung: Dieter Motzel
Schwarzes Brett
Als das schwarze Brett in den Urlaub aufbrach, schleppte es 37 Telefonnummern mit, die gar nicht verreisen wollten. Was aus den armen Telefonnummern wurde, weiß nur das schwarze Brett.
Zeichnung: Dieter Motzel
Tolstoi
Als mir Tolstoi begegnete, hatten sich in seinem Bart einige Birkenäste verfangen. So ist sie, die russische Seele, dachte ich. Tief und unergründlich wie der Bart von Tolstoi.
Fotos: Dieter Motzel.
Optische Täuschung
Obwohl beide Bilder anscheinend von gleicher Größe sind, wirkt die rechte Figur deutlich größer. Es scheint sich hierbei tatsächlich um ein optisches Phänomen zu handeln.
Zeichnung: Dieter Motzel.
Nachricht aus einer anderen Welt
Geschwister
Nur Clara hatte Zugang in die abgeschottete Welt ihres Bruders. Sie nutzte dafür eine kleine Tür, die sich rechts in Höhe seines Haaransatzes gebildet hatte.
Nachricht aus einer anderen Welt
Trotz der Ermahnung ihrer Mutter, an diesem sehr kalten Tag den Mund zu halten, sprach Ilka einen Gedanken aus.
Zeichnungen: Dieter Motzel.
Kaum war der Gedanke in der Welt, gefror er an der eisigen Luft und klebte an Ilkas Lippen fest. Der Gedanke erwies sich als sperrig.
Zeichnung: Dieter Motzel.
Nachricht aus einer anderen Welt
Ach, der Kleine ist so lebhaft. Ganz der Papa, dachte sie.
Zeichnung: Dieter Motzel.
Nachricht aus einer anderen Welt
Erst verlor er Kopf und Kragen und dann auch noch sein Herz. Im Wald bei Stockhausen begann er zu spielen, so wunderbar wie nie zuvor. Herzergreifend. Aber auch die Töne gingen verloren. Schade eigentlich.
Nachricht aus einer anderen Welt
Sternstunde! Als ich meine Kritiker in die Schranken verwies.
Neulich, in trauter Runde entwickelte sich ein heftiger Disput. Befeuert von Wein und Gesang fiel meine Zeichnung „Frau, Mann und Belgischer Riese“ einem üblen Gemetzel zum Opfer. Das Kritiker-Gesindel, das seine Beine unter meinem Küchentisch ausstreckte, sprach in etwa folgendes: „Tja, mein Lieber, hier kommen deine netten Zeichenversuche wohl an eine Grenze. Frau und Mann sind ja noch herzerwärmend. Wir spüren die innigen Blicke der beiden, aber was soll dieser Belgische Riese im Bild. Er scheint ohne Sinn und Verstand platziert und stört die Harmonie des Paares ganz ungemein. Ein Belgischer Riese gehört nicht in diese Zeichnung. Basta!“
Eine harsche Kritik, die ich mir da anhören musste. Tief gekränkt zog ich eine weitere Zeichnung aus meiner Mappe und legte sie meinen Kritikern vor. Diesmal war sie ohne Belgischen Riesen. Und siehe da, ein Raunen und Staunen ging durch die Runde. Sofort wurde anerkannt, dass eine Zeichnung ohne Belgischen Riesen nur unvollkommen und lückenhaft sein kann!
(Klugscheißer-Modus: „Der Belgische Riese ist ein Zuchtkarnickel, das etwa die Größe eines kleinen Einfamilienhauses erreichen kann und fast ebenso schwer wird. Für eine artgerechte Haltung braucht man eine Turnhalle. Deshalb immer obacht vor dem Betreten einer Turnhalle, es könnte ein Belgischer Riese darin wohnen!“)
Zeichnung: Dieter Motzel.
Nachricht aus einer anderen Welt
Es war die großartige Idee seiner geliebten Mutter gewesen, diesen prächtigen Brautwagen zu bauen. Sehr zuversichtlich blickte er nun dem nächsten Feuerwehr-Ball entgegen. Diesmal würde sie ihn bestimmt nicht mehr abweisen.
Eine südliche Gasse, um die Sonne und Mond einen Bogen machen. Foto: Dieter Motzel.
Mein schönstes Urlaubsfoto
Neben viel Licht ist auch viel Schatten beheimatet, wo könnte man dies schöner besehen, als im Süden. Auf einer Reise fiel mein Blick eher zufällig in eine dunkle Gasse in einer kleinen Stadt. Hier wohnten Armut und Verbrechen Tür an Tür. Außerdem noch ein ehemals sehr bekannter Fußballspieler, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, sowie ein Politiker, der dem lächerlich grotesken Gedanken anheimfiel, er wäre seinen Wählern verpflichtet, und nicht dem dortigen Bauunternehmer. Kein einziger Lichtstrahl der wärmenden Sonne dringt in diese Gasse vor, und selbst der Mond lässt sich hier nicht blicken. Einmal in der Woche kommt ein Karren, der von einem Esel gezogen wird, und sammelt die verbrauchten Gedanken der Bewohner auf, bevor diese die Gasse unpassierbar machen. So viel Ordnung muss sein. Durch eine Spendenaktion der örtlichen Kirchengemeinde ermöglicht, wurde ein kleines Tier angeschafft, das den Bewohnern überlassen werden konnte. Da es zwei Flügel hat, mit denen es wegfliegen könnte, wurde es in einen kleinen Käfig gesetzt. Festgedübelt im ersten Stock, singt das kleine Tier nun, Tag ein und Tag aus, schmachtende Liebeslieder zur Freude der Bewohner.
Foto: Dieter Motzel.
Mein schönstes Urlaubsfoto 1.
Viele sind nun wieder aus der Ferne an den heimischen Herd zurückgekehrt. Beladen mit schönen Eindrücken und vollen Speicherkarten, werden die schönsten Strände der Welt, wunderbare Sonnenuntergänge und manchmal auch eine Palme in Bildern gezeigt. Auch der Haushundhirsch wird seine schönsten Reisefotos präsentieren. Wir beginnen mit einer seltenen Ansicht von Venedig. Diese wunderbare Stadt steht auf Stelzen, zwischen die man Wasser gefüllt hat. Mehrmals im Jahr wird die ganze Stadt im Wechsel nach links oder nach rechts gekippt. Unser Foto hat den Moment festgehalten, in dem die Stadt gerade nach links abgekippt wird. Dieser Umstand erleichtert es den Einheimischen auch die Kellerwohnungen an Ausländer zu vermieten. In unserem dokumentierten Beispiel konnten nun innerhalb weniger Tage alle Kellerräume auf der rechten Seite der Stadt vermietet werden, während im linken Teil der Stadt die Kellerwohnungen geflutet wurden.
Foto: Dieter Motzel.
Mein schönstes Urlaubsfoto 2.
An manchen Orten in südlichen Teilen der bekannten Welt, stößt man unverhofft auf die Spuren alter Kulturen. Der Tourist in Vollpension ist dann erstaunt, dass diese Kulturen oft älter als die Menschheit sind. Im Gespräch mit den örtlichen Reiseführern wird dies bestätigt, denn selbst die Ältesten unter den Einheimischen konnten sich nicht mehr daran erinnern, wann diese Spuren der Kultur gelegt wurden. Leider geht viel verloren, weil dort in der Gegend auch der Zahn der Zeit wohnt, der gerne mal an alten Kulturen herum nagt. Auf einem unserer schönsten Reisefotos konnten wir festhalten, wie der Zahn der Zeit gerade damit begonnen hatte, einen Berg abzunagen. Er unterbrach seine Arbeit, als die Zeit für eine Siesta (so heißt an fremden Orten die Mittagspause) gekommen war. Möglich ist aber auch, dass dem Zahn der Zeit dieser Berg nicht behagte und er zu einem anderen weiter gewandert ist.
Foto: Dieter Motzel.
Mein schönstes Urlaubsfoto 3.
Ich zeige heute eine schöne Ansicht von Geranien in Venedig. Ganz nebenbei mache ich deutlich, dass überall auf der Welt die Frauen ihre Einkäufe selbst nach Hause tragen müssen.